Geschichtsprojekt Blankenburger Waldfriedhof XXVII

Louis Mewes
Großhändler, Samenzüchter, Erfinder,
Mäzen (Stifter der Martha-Kapelle)
(1853 1941)

Louis Mewes war als Samengroßhändler ein vielseitiger Unternehmer, der auch als Züchter und Erfinder erfolgreich war. Nach Schicksalsschlägen gründete er soziale Stiftungen in der Stadt. Zu den so initiierten Projekten gehört die noch heute genutzte Martha-Kapelle auf dem Waldfriedhof.

Lesezeit: 4 Minuten

Louis Mewes wurde am 20. Oktober 1853 in Arendsee als zweiter Sohn des Kaufmanns Ferdinand Mewes geboren. Er erlernte wie sein Vater den Beruf des Kaufmanns und ging 1878, wohl unter Nutzung seiner Erbabfindung nach Blankenburg.

Hier übernahm er ein Textilgeschäft und spezialisierte sich zunächst auf den Handel mit Stoffen und besonders Lodenbekleidung. Herren-, Damen- und Kinderkleidung wurden nach Maß angefertigt. Zudem warb die Firma mit ausländischen Stoffen, Daunen und Betten. Mit seiner patentierten „Dampf-Bettfedernreinigungsmaschine“ hatte er ein weiteres Serviceangebot. Das Geschäft befand sich im Jahr 1901 in der Langen Straße 4.

Parallel dazu widmete sich Mewes der Saatzucht. Im nahegelegenen Quedlinburg hatten sich damals gerade Großbetriebe für Samenzucht herausgebildet, die sich die 1866 von Gregor Mendel entdeckten Gesetzmäßigkeiten des Erbgangs zu Eigen machten und nun ganz unterschiedliche Sorten züchteten. Die klimatischen Vorteile von Blankenburg im Auge, gründete er auch hier ein erfolgreiches Saatzuchtunternehmen. Zu seinen züchterischen Erfolgen gehörte die Tomatensorte „Rotkäppchen“, eine ungerippte rundfrüchtige Sorte, die durch besondere „Größe, Schwere und Vollfleischigkeit“ auffiel. Überliefert ist auch sein Patent des elektrischen Keimschrankes „Blankenburgia“. Auf der Gartenbauausstellung 1912 in Halle (Saale) erhielt Louis Mewes eine Medaille für „hervorragende Leistungen“. Der Zuchtbetrieb entwickelte sich so erfolgreich, dass er das Geschäft mit Stoffen und Kleidung aufgab.

Über die Jahre erwarb er im Stadtgebiet weitere Landflächen, die teilweise sogar Bahnanschluss besaßen. Die Erzeugnisse wurden mit dem Markenzeichen der Firma Mewes (einer Biene) selbst international vermarktet. 

Louis Mewes hatte am 22. Oktober 1888 in Stölln (Brandenburg) Elise Lüdecke geheiratet. Die Ehe war von großen Schicksalsschlägen geprägt. Von den drei Kindern des Paares starb der Sohn Richard bereits im Alter von 6 Jahren am 2. Juli 1902. Seine Ehefrau selbst verstarb im Jahr 1914. Daraufhin errichtete Mewes die Elise-Mewes-Stiftung, deren Zinsen für die Wohlfahrt der Kleinkinderbewahranstalt in Blankenburg verwendet wurden.

Im Jahr 1915 verstarb seine Tochter Martha 22-jährig an Tuberkulose. Auch hier schuf der Vater eine wohltätige Einrichtung, die Martha-Mewes-Stiftung zum Zwecke der Tuberkulosefürsorge im damaligen Kreis Blankenburg. Außerdem stiftete er den Bau der nach seiner Tochter benannten Martha-Kapelle auf dem Blankenburger Waldfriedhof. Durch die Nachkriegsjahre und die Inflationszeit konnte der Bau jedoch erst 1928 eingeweiht werden. Die Kapelle ist seither Ort der Trauerfeiern. Einzig dem am 22. Oktober 1889 in Blankenburg geborenen Sohn Franz Mewes war ein längeres Leben beschieden. Er absolvierte eine Ausbildung in Saatzuchtbetrieben in Deutschland, Italien und Frankreich, ehe er 1920 als Prokurist und Mitinhaber bei der Firma seines Vaters in Blankenburg einstieg.

Vater Louis Mewes erhielt für sein gemeinnütziges Engagement über die Jahre viel Anerkennung. So wurde die Westerhäuser Straße in Blankenburg 1934 in Mewes-Straße umbenannt. Hier liegt auch das heute als Villa Mewes bekannte Wohnhaus der Familie.

Mit dem Zweiten Weltkrieg endete die Firmengeschichte Mewes in Blankenburg. Louis Mewes verstarb am 17. Mai 1941 und wurde in der großen Grabstätte der Familie beigesetzt.

Sohn Franz kehrte 1948 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft heim. Im gleichen Jahr kam es zur Enteignung der Firma und des Familienbesitzes. Franz Mewes ging daraufhin nach Reutlingen im heutigen Baden-Württemberg, wo er später, 1973, verstarb.

Um 1960 verschwand auch der Straßenname aus dem Stadtbild. Im Rahmen mehrerer Straßenumbenennungen vornehmlich nach DDR-Politikern wurde aus der Mewes-Straße die Otto-Nuschke-Straße, benannt nach dem Vorsitzenden der DDR-CDU und stellvertretenden Ministerpräsidenten. Nach der Friedlichen Revolution erfolgte in den 1990er Jahren die Rückbenennung in Westerhäuser Straße.

Spuren heute

Grabstätte der Familie auf dem Waldfriedhof

Marthakapelle

Das Projekt

Der Blankenburger Waldfriedhof ist mit seinen Grabstätten ein regionaler Spiegel deutscher Geschichte, die in ihrer Zeit von hier lebenden Menschen getragen und in vielen Fällen aktiv mitgestaltet wurde.

Die Epochen und Ereignisse ließen sich oft an mehreren Personen abbilden, Bei deren  Auswahl handelt es sich um eine notwendige Einschränkung. Die Inhalte sind von Schülerinnen und Schülern und geschichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie folgen den Grundsätzen, geschichtliches Interesse zu wecken und die jeweiligen Lebenswege, Prozesse und Entwicklungen aus dem Blickwinkel der freiheitlich demokratischen Grundordnung darzustellen.

Das Projekt ist in Kooperation mit dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Blankenburg und dem VHS-Bildungswerk entstanden. Regionale Bezüge und Hinweise auf weiterführende Quellen sollen motivieren, sich gemeinsame Geschichte zu erschließen.

Für weiterführende Hinweise und etwaige Korrekturen ist das Team Friedhofsprojekt offen. Für die Vermittlung steht das Stadtarchiv als Ansprechpartner zur Verfügung.

Quellen

Die Jahresversammlung 1920 der Deutschen dendrologischen Gesellschaft, Conrad Herre, Die Gartenwelt 24 (1920), H. 38, S. 363-364.

Geschäfts-Empfehler zum Adreß- und Geschäfts-Handbuch von Blankenburg Harz, Hoefers Buchhandlung, Blankenburger Adressbuch 1901, S. 49.

Chronik der Familie Mewes

Bilder 

Porträt, Quelle:  Stadtarchiv Blankenburg

Marthakapelle auf dem Waldfriedhof, siehe Titelseite, Drohnenfoto: Wolfgang Schilling

Villa Mewes einst und heute, Foto und Repro: B. und P. Prassek

Monumentale Grabstätte der Familie und Louis-Grabtafel auf dem Waldfriedhof, Fotos (2): Burkhard Falkner

Anzeige der Firma Mewes für Loden 1901, Repro: Christoph Georg Rohrbach

Impressum

Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Gymnasiums „Am Thie“ Blankenburg (Harz) und Team Friedhofsprojekt)

Bearbeitung: Christoph Georg Rohrbach (Team Friedhofsprojekt)

Projektleitung: Benedict Volkert

Internetpräsentation: Jörn Zuber

Dank für die Unterstützung bei der Erarbeitung dieser Seite gilt Frau und Herrn Prassek sowie Herrn Bree.

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