Geschichtsprojekt Blankenburger Waldfriedhof XXIII

Karl Zerbst
Bürgermeister der Stadt Blankenburg von 1898 bis 1933
(1877 – 1960)

Karl Zerbst war der Kommunalpolitiker, der den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland um die Jahrhundertwende mit Tatkraft auch in Blankenburg ermöglichte. Gestützt auf das Vertrauen der Bevölkerung führte er die Stadt in den Kriegsjahren, danach durch die revolutionäre Nachkriegsepoche und in der Weimarer Republik  bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten.

Lesezeit: 4 Minuten

Karl Zerbst wurde am 5. August 1867 in Stolzenau/Weser als Sohn des Pastors Dr. Zerbst geboren. Er wuchs in einer evangelisch-lutherischen Familie auf. Nach Gymnasialbesuch und Jurastudium wurde er 1897 in Gandersheim in den Braunschweiger Staatsdienst übernommen.

Sein erster Einsatz war die Kreisdirektion in Braunschweig. Es folgte eine Versetzung als Staatskommissar in die Kreisverwaltung nach Blankenburg.

Dort war im Jahr 1898 ein Streit zwischen Neubürgern und Alteingesessenen  ausgebrochen, der zum Rücktritt des Bürgermeisters Ernst Salemon geführt hatte. In der Folge lösten sich auch die Stadtverordnetenversammlung und der Stadtmagistrat auf.

Als Staatskommissar war Zerbst bei der Beilegung der Streitigkeiten und Herstellung der Ordnung in der Stadtverwaltung erfolgreich. Er wurde daraufhin zum Vorsitzenden des Stadtmagistrats ernannt. 1898 wurde ihm das Bürgermeisteramt übertragen. Damit begann in Blankenburg die Ära Zerbst, die bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1933 andauerte. Er lenkte und entwickelte die Stadt in den Jahren vor dem Weltkrieg. Die Einwohnerschaft wuchs auf 10.000 an. 

Um die Jahrhundertwende wurde in Blankenburg ein Kanalisationsnetz geschaffen. Eines der Vorhaben, das Zerbst besonders unterstützte, war der Eisenbahnanschluss der Stadt. Ein großer Entwicklungssprung gelang so, als am 30. Juni 1907 die Bahnstrecke Blankenburg-Thale eröffnet wurde. Am 5. April 1908 wurde nach Quedlinburg ein Streckenschluss geschaffen.

Während des Weltkrieges bewährte er sich als Krisenmanager. So sorgte er für die Erhaltung einer vorher bereits bestehenden öffentlichen Kriegsküche (1916). Dort gab es täglich Essen zu Vorzugspreisen, das Dömanenpächter und die Gutsbesitzer abgaben. Das verhalf vielen Bürgern, die täglichen Grundbedürfnisse stillen zu können. Er selbst leistete Dienste in der Sanitätskolonne.

Er trat vielerlei Vereinen bei und bekleidete viele Ehrenämter. Beispiele hierfür sind die  Mitgliedschaft im Vorstand des Roten Kreuzes, der Vorsitz des Schulvorstandes der Bürgerschulen, des Blankenburger Gewerbegerichts und des Kreiskommunalverbandes Blankenburg.

Das erlangte Vertrauen der Bevölkerung in ihren Bürgermeister überdauerte auch die revolutionären Veränderungen, die Wirtschaftskrise und die Unzufriedenheit in den Nachkriegsjahren. Dies lässt sich besonders in den Wahlergebnissen von 1919 ablesen, bei denen die unter ,,Zerbst“ geführte Liste die höchste Stimmenzahl errang. Nicht selten sprach er von der Rathaustreppe, um einer aufgebrachten Menge Entscheidungen zu erklären. Praktische Aufgaben konnte er als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wohnungsbaugenossenschaft schnell in Angriff nehmen. Große Bemühen gab es zudem, Wirtschaft und Infrastruktur wieder zu stärken. Straßen und Wege wurden ausgebaut, die Zahl der Wohnhäuser hatte sich bis 1924 um 700 vermehrt.

Ein Rückschlag war wiederum die Weltwirtschaftskrise (1929). Im Arbeitsamtsbezirk Blankenburg waren 5000 Arbeitslose gemeldet. Zerbst organisierte städtische Notstandsarbeiten. Nach einer Straßenschlacht am 27/28. Juni 1931 zwischen teilweise angereisten Mitgliedern der Hitler-Jugend, SA-Mitgliedern und  Angehörigen des kommunistischen Kampfbundes verbot Zerbst den Aufenthalt auswärtiger Nationalsozialisten in der Stadt. Das wurde ihm nicht vergessen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Karl Zerbst am 28. März 1933 ohne Angabe von Gründen als Bürgermeister abberufen und gegen Werner Doenecke ersetzt.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde Zerbst als 68-jähriger nochmals im Rathaus tätig. Jetzt im Stadtbauamt half er bei der Beseitigung von Kriegsauswirkungen. Für diesen Dienst wurde ihm am 28. Juli 1947 als vorzeitiges Geburtstagsgeschenk eine zusätzliche Rente von 100 Mark zuerkannt. 

1948 schied er endgültig aus der Stadtverwaltung aus und verließ Blankenburg 1950, um  zu seinen beiden Söhnen nach Helmstedt zu ziehen. Dort starb Karl Zerbst am 9. März 1960 Im Alter von 83 Jahren.

Nach seinem Tod wurde er 1995 zum Ehrenbürger der Stadt Blankenburg ernannt. Sein letzter Wunsch, in Blankenburg begraben zu sein, wurde 1999 wahr.

Heutige Spuren

Grabstätte auf dem Waldfriedhof

Bildnis im historischen Rathaus

Straßenbezeichnung im Wohngebiet Regenstein

Das Projekt

Der Blankenburger Waldfriedhof ist mit seinen Grabstätten ein regionaler Spiegel deutscher Geschichte, die in ihrer Zeit von hier lebenden Menschen getragen und in vielen Fällen aktiv mitgestaltet wurde.

Die Epochen und Ereignisse ließen sich oft an mehreren Personen abbilden, Bei deren  Auswahl handelt es sich um eine notwendige Einschränkung. Die Inhalte sind von Schülerinnen und Schülern und geschichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammengetragen worden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie folgen den Grundsätzen, geschichtliches Interesse zu wecken und die jeweiligen Lebenswege, Prozesse und Entwicklungen aus dem Blickwinkel der freiheitlich demokratischen Grundordnung darzustellen.

Das Projekt ist in Kooperation mit dem Land Sachsen-Anhalt, der Stadt Blankenburg und dem VHS-Bildungswerk entstanden. Regionale Bezüge und Hinweise auf weiterführende Quellen sollen motivieren, sich gemeinsame Geschichte zu erschließen.

Für weiterführende Hinweise und etwaige Korrekturen ist das Team Friedhofsprojekt offen. Für die Vermittlung steht das Stadtarchiv als Ansprechpartner zur Verfügung.

Quellen

Archiv Hans-Jürgen Bösche

Grabstätte auf dem Waldfriedhof, Foto: Burkhard Falkner

Spuren des Löwen / Geschichte und Tradition in Braunschweig und
Blankenburg, Bernhard Kiekenap, Appelhans Verlag Braunschweig,
2002, S.54ff

Internet

https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Blankenburg%E2%80%93Quedlinburg#Geschichte

https://www.volksstimme.de/nachrichten/lokal/wernigerode/1152342_Kreisdirektor-kurbelt-Bauwesen-in-Blankenburg-an.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Blankenburg_(Harz)#Liste_der_Bürgermeister_seit_1850[16]

Impressum

Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Gymnasiums „Am Thie“ Blankenburg (Harz)

Bearbeitung: Robin Johne 11A

Begleitung: Ulrich-Karl Engel (Team Friedhofsprojekt)

Projektleitung: Benedict Volkert

Internetpräsentation: Jörn Zuber

Für die Unterstützung bei der Erarbeitung dieser Seite danken wir Herrn Hartmut Wegner aus dem Stadtarchiv und Herrn Hans-Jürgen Bösche.

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